24. November 2019
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Unser Plan war es, in der Nähe von Dimitrovgrad (Serbien) die Grenze nach Bulgarien zu überqueren. Dort angekommen kam dann die Überraschung: unsere Karten- und Navigationsapps zeigten den Grenzübergang irgendwo im Wald an. Also beschlossen wir diesen Weg einzuschlagen. Als der Feldweg plötzlich zum Wanderweg mutierte, konsultierten wir nochmal unsere Karten. Darauf sahen wir, dass es auf der Autobahn noch einen Zollposten gibt. So beschlossen wir, unser Glück dort zu versuchen. Dabei mussten wir wohl einen etwas verwirrten Eindruck gemacht haben, denn ein LKW-Fahrer wies uns freundlicherweise in die richtige Richtung.
Auf der bulgarischen Seite angekommen fragten wir den Zöllner nach dem nächsten Weg runter von der Autobahn. Dieser lachte nur und meinte: "You're in Bulgaria now, this is not the highway."
So fuhren wir auf dem Pannenstreifen der 'nicht-Autobahn' in Richtung Sofia.
In Sofia legten wir die nächste Pause ein. Wir schlenderten durch die Stadt, fütterten Tauben in Parks und genossen die Zeit für ein Mal nicht auf den Fahrrädern.
Ein Mitgrund weshalb wir die Haupstadt Bulgariens angesteuert hatten war, dass uns René vom Ski und Velo Center ein Paket ins Hostel geschickt hatte. Leider gab es irgendwelche Probleme bei der Zustellung. Bis Heute wissen wir nicht, wo das Paket hängengeblieben ist... :(
Als wir eines Abends an einem Restaurant vorbeigingen, entdeckte ich ein Reiserad welches von einem niedlichen Hund bewacht wurde. Sofort sprachen wir den Besitzer des Velos an. Es stellte sich heraus, dass sich Wassili auf dem Rückweg nach Belgien befindet. Schon seit geraumer Zeit ist er unterwegs und hat dabei fast die selben Länder wie wir und noch einige mehr, wie zum Beispiel Tschechien oder Österreich, durchquert. Bei einem Bier tauschten wir Erfahrungen und Geschichten aus und genossen das Zusammensein.
Wassili war auch der Hauptgrund warum wir unsere Route kurzfristig abgeändert haben und wir von Sofia aus südlich in Richtung Griechenland weiterfuhren.
Um ein paar Höhenmeter zu umfahren beschlossen wir, durch einen Nationalpark südwestlich von Sofia zu radeln. Am späten Nachmittag trafen wir auf einen älteren Herrn. Dieser beobachtete uns zuerst erstaunt, wie wir vollbepackt den Schotterweg entlangfuhren, dann sprach er uns an und gab uns mit Händen, Füssen und einigen bulgarischen Wörtern zu verstehen, dass der Weg noch viel schlechter werde und wir nicht weiterfahren sollten.
Da die Zeit schon fortgeschritten war und wir auf der Karte viele potentielle Schlafplätze entdeckt hatten, beschlossen wir die gutgemeinten, und wie sich am nächsten Tag herausstellen würde, zutreffenden Ratschläge zu ignorieren.
In der Nacht wurde ich mehrfach von starkem Regen und Donner geweckt. Durch den Regen wurde aus dem schlechten Weg ein sehr schlechter Weg. Teilweise versanken unsere PAPALAGIs beinahe beim durchqueren von Pfützen. Dazu kam, dass sich der Schlamm überall festsetzte uns wir ihn immer wieder wegkratzen mussten. Für eine Strecke von gut fünf Kilometern benötigten wir ganze zwei Stunden. Nicht zuletzt dank der super 18-Gang-Schaltung unserer MTB Cycletech-Räder gelang es uns doch noch die nächste asphaltierte Strasse zu erreichen. Für uns war dieser Härte- und Materialtest die definitive Bestätigung, dass wir die richtigen Fahrräder für unsere Tour ausgewählt haben und wir sind uns sicher, dass wir damit den Weg nach China schaffen können.
Dort wurden wir gleich mit der nächsten Entscheidung konfrontiert. Entweder mussten wir einen Umweg von etwa 30km fahren, dazu teils auf Feldwegen (welche höchstwahrscheinlich im selben Zustand wie der vorherige gewesen wären) oder riskieren einen kleinen Abschnitt von etwa 3km auf der Autobahn zu fahren. Da wir das Schneckentempo satt waren und keine Lust auf weitere "Fahrradschiebereien" hatten, wählten wir die zweite Option.
Mit den Worten des Zöllners im Hinterkopf rasten wir mit den Autos um die Wette!
Glücklicherweise hörte der Regen am Nachmittag auf und wir konnten unser Lager im trockenen aufschlagen. Erschöpft aber mit einem Gefühl dass wir alles schaffen können kuschelten wir uns in die warmen Schlafsäcke.
Unweit der griechischen Grenze suchten wir eine Autowaschanlage und reinigten und pflegten unsere Drahtesel gründlichst. Mit unseren letzten Lewa kauften wir fürs Abendessen ein und deckten uns mit einem Vorrat an Sonnenblumenkernen ein, die wir jeweils während dem Kochen zu uns nehmen.
Danach gings wieder auf einer Art Autobahn, die keine war, über die Grenze nach Griechenland.
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