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Raphael Clemencio

Kasachstan - das Gefühl von Freiheit und Glück

05. März 2020

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Von Bord der Fähre gekommen, wurden wir in die Gepäckkontrolle gebracht. Sämtliche Gepäckstücke wurden gescannt, wir und die anderen Passagiere mussten uns anschliessend in einer Linie aufstellen und unser Gepäck vor uns platzieren. Ein Spürhund beschnupperte darauf unser Gepäck. Ohne Probleme aber mit kaum Schlaf, durchquerten wir alle Kontrollprozesse und konnten um 04:30 das Land frei betreten. Auf die Frage wo wir schlafen können, führten uns zwei Soldaten zu einem Wartesaal den sie für uns aufschlossen. So konnten wir doch noch einige Stunden Schlaf finden.


Am morgen danach machten Will, Remy, Benjamin und ich uns auf den Weg. Die selten befahrene Strasse vom Hafen in Richtung Aktau war mit Eis und etwas Schnee bedeckt. Remy und Benjamin hatten Reifen mit weniger Profil als Will und ich und somit mehr Probleme mit dem Halt auf dem Eis, was zu zwei Stürzen ohne Folge für sie führte.


Mir wurde ein erstes Mal physisch bewusst wie weitläufig Kasachstan ist. Soweit das Auge reichte, konnte ich keine Hügel oder Berge sehen. Die Landschaft war karg, flach und nur von wenigen Pferden besiedelt. Bis nach Aktau waren es rund 80 Kilometer und dazwischen gab es keine Zivilisation.


Aktau ist eine Stadt welche stark von Industrie geprägt ist und bei mir einen sowjetischen Eindruck hinterliess. Will entschied sich am nächsten Tag weiter zu fahren und ich blieb mit den beiden Franzosen noch eine Nacht länger im Hostel. Die Zeit auf der Fähre und die wenigen Kilometer auf dem Fahrrad war für mich eine lustige und erlebnisreiche Zeit. Ich war sehr dankbar dafür diese Erfahrungen mit anderen Fahrradreisenden teilen zu dürfen. Da wir für Kasachstan andere Pläne hatten, trennte ich mich auch von Remy und Benjamin.


Meine Reise in die weite kasachische Wüste begann mit 6.5 Litern Wasser im Gepäck. Die Szenerie war von Beginn an sehr eindrucksvoll und ich mochte den ewigen Blick zu dem Horizont. Hatte man mal einen Punkt fixiert, so dachte wenn ich bei dieser leichten Erhöhung angekommen bin, sehe ich vielleicht das nächste Dorf. Häufig sah es jedoch hinter diesem Hügel genau gleich karg und rau aus wie davor und das ersehnte Dorf war nicht sichtbar und meist weiter entfernt als erwartet.



Auf der ersten Etappe machte ich einen Halt um einige Kamele zu bestaunen und nebenbei eine Mandarine zu schälen. Plötzlich tauchte auf dem Feld ein Mann auf einem Motorrad auf der mich zu ihm winkte. Mit meinem Fahrrad war wohl auch aus der Ferne klar, dass ich kein Einheimischer in dieser Wüste war. Auf russisch und mit Handzeichen versuchte mir Mazerek, zu erklären dass er dieses Kamel für die Paarung eingefangen hatte. Für diese spontane Begegnung bedankte ich mich mit der leicht geschälten Mandarine, woran Mazerek sichtlich Freude hatte. Mit seinem Motorrad trieb er dann darauf das an den Vorderbeinen zusammengekettete Kamel weiter in Richtung Herde.

Auch wenn sofort erkennbar ist, dass es hier im Sommer wohl zu heiss für eine Fahrradtour ist, war für mich persönlich die eindrückliche Mangystau Provinz eher eine Steppe als eine Wüste. Ich versuchte die Impressionen und Emotionen davon in einem Video einzufangen:




Ein für mich weiterer prägender Moment war als ich durch das Nichts radelte und ein Auto anhielt. Ein grossgewachsener Mann stieg aus, stellte sich als Englischlehrer namens Bob vor und lud mich zu sich Nachhause ein. Ich müsse nur dieser Strasse folgen und in 70 Kilometer sei dann sein Dorf Namens Shetpe. Glücklicherweise gibt es keine Abzweigungen und dieses Dorf lag somit auf meinem geplanten Weg. Mit seiner abgespeicherten Telefonnummer, jedoch ohne Adresse war ich überglücklich über die Einladung und schaffte es am selben Tag nach Shetpe.


Leider vergass mir Bob die Vorwahl seiner Handynummer mitzuteilen und ich hatte Mühe ohne Internetzugang ihn zu finden. So stand ich mit meinem vollbepackten Fahrrad im Dorfzentrum auf einem Marktplatz und wurde neugierig von den Einheimischen begutachtet. Mit Händen und Füssen konnte ich einer Gruppe von Verkäuferinnen und Verkäufern erklären, dass ich auf der Suche nach meinem “Friend” namens Bob sei. Englisch konnten auch die Jungs in meinem Alter kaum doch sie gaben zeigten mit den Händen, ob Bob denn sehr gross sei worauf ich sofort zustimmte. Nach einigen Telefonaten konnte ich via einem lokalen Handy mit Bob sprechen und es hiess dieser Mann namens Maks, werde mich zu ihm bringen. Wir verluden mein Fahrrad in seinen kleinen Lastwagen. Als ich mich anschnallen wollte meinte Maks, dies sei nicht nötig.. wir fuhren einen knappen Kilometer und kamen schliesslich bei der Familie von Bob an.

Bauirjan/Bob vor seinem Haus

Shanya die siebenjährige Nichte

Ezymay machte sich mit meiner Kamera selbständig


Über diese zufällige Begegnung dachte ich, dass sich wohl so Glück anfühlen muss. Bauirjan wie Bob mit richtigem Namen heisst, bat mich mit ihm noch einkaufen zu gehen um etwas Gemüse zu kaufen, da das essen damit um einiges leckerer sei. Für mich war es das mindeste, für den Einkauf zu bezahlen. Zuhause angekommen zeigte er mir mein Zimmer und fragte mich ob ich am nächsten Tag mit ihm zur Schule komme, damit die Schülerinnen und Schüler ihr Englisch mit mir üben können. Da ich selbst Lehrer werdenwill nahm ich das Angebot dankend an und freute mich darauf. Die Familie von Bauirjan kochte eine kasachische Spezialität bestehend aus einem grossen Teller bestückt mit Fleisch und dicken Nudeln. Viele Gerichte sind hier mit Korriander und Dill gewürzt, was mir besonders schmeckt. Das spezielle war, das alle um den tiefen Tisch am Boden sitzten und von den beiden grossen Tellern mit den Händen assen. Zum Glück ist Hygiene auch hier ein Thema und alle waschen sich vor der Mahlzeit die Hände. Was ebenfalls unter der Familie geteilt wurde waren die Schälchen um Tee zu trinken. Während dem essen erklärte mir Baurijan noch, dass eine Familie in einem Winter ein ganzes Pferd esse.



Ich ging müde zu Bett und konnte deshalb sehr gut schlafen. Am Tag darauf machten wir uns auf den Weg in die Privatschule in der Bauirjan 11 bis 14 jährige in der Englischen Sprache unterrichtet. Die Kinder waren relativ scheu, hatten jedoch sehr Freude an mir als Tourist. Die Kinder stellten mir einige Fragen die sie gelernt und in Ihrem Heft aufgeschrieben hatten. Der “Achai”/ Lehrer wendete aus meiner Sicht nicht immer die beste pädagogische Vorgehensweise aus. Seine Stimme konnte sehr laut und wütend werden. Als ich Bauirjan dann sagte, dass dies in der Schweiz als Lehrer nicht gehen würde meinte er dies sei hier nötig, denn sonst würden die Kinder nichts lernen und die Eltern würden ja schliesslich viel Geld bezahlen.

Nach der Schule führte mich Bauirjan in das nahegelegene städtische Museum. Die Dauerausstellung war über die vergangene Zeit der Sowjetunion, die heimischen Tiere und über die Kulturen in diesem Dorf. Wieder Zuhause angekommen spielte mir Merambek, der Neffe auf seinem gitarrenähnlichen Instrument etwas vor und seine Nichten zeigten mir diverse Spiele sowie das kasachisch-kyrillisch Alphabet. Für diese drei Tage bei dieser Familie empfand ich tiefe Dankbarkeit, freute mich dennoch auf die bevorstehende Challenge.



Die Landschaft änderte sich auf der kommenden Route nicht wirklich und auch die Abstände zwischen den Dörfer wurden noch weiter. Dass der Wind stark von Nord-Osten bliess machte die Reise nicht einfacher. An einem Tag fuhr ich über rund sieben Stunden in schräglage um dem Seitenwind entgegen zu halten. In den Mittagspausen verusuchte ich, teilweise erst nach langer Suche, ein windgeschütztes Plätchen zu finden. Auf dem Fahrrad schwitze ich meist stark was in solchen Mittagspausen dazu führte, dass ich trotz Kleidungswechsel in dieser Zeit stark abkühlte. Physisch aber auch vorallem mental war ich stark gefordert. Auch das Verstauen des Zeltes morgens wurde durch die starken Winde alleine häufig zu einer grösseren Herausforderung. Wasser und Nahrung hatte ich immer ausreichend dabei, als jedoch zwei Männer in ihrem Geschäftswagen anhielten um Fotots mit mir zu machen, nahm ich die kulinarische Verstärkung dankbar entgegen. Aufgrund ihrer Tätigkeit sprachen beide gutes Englisch und händigten mir für Problemfälle ihre Visitenkarten aus. Als ich nach Beyneu kam, bestellte ich mir direkt zwei Portionen einer Art “Ravioli”. Die Kellnerin die zugleich als Köchin agierte, staunte über den Heisshunger nicht schlecht.

Für diese Herde Kamele hielt ich sehr gerne


Ich näherte mich der usbekischen Grenze und ging für die letzte Nacht im Lande auf die Suche eines mehr oder weniger blickgeschützten Schlafplatzes. Ich fand einen geeigneten Platz unmittelbar neben Bahngleisen. Den Tag zuvor fuhr ich oft diesen Gleisen entlang und hatte ein Mal einen Zug aus der Ferne gesehen, weshalb ich nicht viel Zugverkehr erwartete. Schlussendlich schlief ich gut und tief obwohl ich etwa im zwei Stundentakt von vorbeirollenden Zügen geweckt wurde. Kasachstan war für mich besonders im Bezug auf die Landschaft und die eine Einladung sehr eindrücklich. Dass das Land jedoch der Sowjet Union angehörte ist den kalten und kargen Bauten und teilweise auch den Personen anzumerken.


 

In der untenstehenden Grafik sind der Projektstand und der Unterstützungsbetrag für das Hilfsprojekt in Davao, Philippinen ersichtlich:



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